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Von der Wichtigkeit deines Seelenschmerzes

Warum wir uns Zeit für Schmerz, Trauer und Wut nehmen sollten

Foto Blume, die sich im Wasser spiegelt

Das Leben ist nicht immer eitel Sonnenschein. Es gibt Lebensphasen, in denen prasselt ziemlich viel auf uns ein. Manchmal sind wir einfach erschöpft, fühlen uns wund, scheinen unseren Platz in der Welt verloren zu haben. Die Anbindung an unsere eigene Weisheit nur selten zu spüren. Unfassbar viel Kraft aufwenden zu müssen, um uns selbst am Schopfe zu packen und die Welt zu rocken. 

 

Ja, wir sind unseres eigenen Glückes Schmied. Doch wir sind nicht immer gleich gut darin, unser Glück zu schmieden und es auch zu genießen. Unsere Schöpferkraft einzusetzen und uns das Paradies auf Erden zu kreieren. Manchmal fehlt uns die Kraft dafür, eine Entscheidung für uns zu treffen. Trotz allen guten Wissens. Dann ist es an der Zeit, unsere Erschöpfung zu akzeptieren und unsere schmerzhaften Gefühle zu umarmen. Uns selbst zu trösten. Nachsichtig und geduldig mit uns zu sein. Uns die Zeit zu schenken, die wir brauchen, um diese Herausforderung zu meistern.

 

 

Wenn die Kraft ausgeht & konstruktives Handeln kaum möglich erscheint

 

Derzeit fühle ich mich total zerschlagen. Wie ein Puzzle, das in seine Einzelteile zerlegt wurde und noch nicht wieder richtig zusammengesetzt ist. Und da brodelt Wut in mir. Da zieht Trauer mein Herz zusammen. Ich fühle mich wund und kämpfe mit dem Weltgeschehen, mit meinen enttäuschten Erwartungen wie auch mit meinen inneren Ansprüchen. 

 

Müsste ich als Coach nicht schneller und konstruktiver mit einer solchen Phase umgehen können? Zudem wollte ich doch der Friede und die Freude sein, die ich in der Welt sehen möchte. 

 

Ich schaue nach links und nach rechts, lese in den sozialen Medien über Leichtigkeit und Freude als das Lebensziel aller Lebensziele. Ich spüre beides gerade nicht. Ich erinnere mich an meine eigenen Artikel zum ungeheuren Wert von Dankbarkeitsroutinen. Doch ich bringe die Kraft nicht auf, mich gegen meinen inneren Schmerz zu stemmen und mich in Dankbarkeit zu üben. Ich erinnere mich an das Geschenk des Lächelns, doch ein Lächeln gelingt mir nicht. 

 

Stattdessen schnüren mir Tränen die Kehle zu, brennen in den Augen, können aber nicht so recht geweint werden. 

 

 

Warum Seelenschmerz zum Heilungsprozess dazugehört

 

Wie hat alles angefangen? 

 

Mit etwas Wunderschönem. In der Tat mit etwas WUNDERvollem. Denn ich habe nach vielen Jahren der chronischen Darmerkrankungen, Erschöpfung und Migräne in den Ratgebern von Anthony William für mich passende Abhilfe gefunden. Ich befinde mich seit einigen Monaten auf einem völlig unerwarteten Weg der Heilung. Fühle mich körperlich von Tag zu Tag fitter, leistungsstärker, resilienter.

 

Doch mit jedem Heilungsschritt wird mir bewusster, wie viele Jahre ich gelitten habe. Wie viele Jahrzehnte ich auf der Suche nach dem stimmigen Heilungsweg war. Mit wie vielen Rückschlägen und Enttäuschungen dieser Weg gepflastert war, weil MedizinerInnen, nicht über alle Informationen verfügend, falschen Rat gaben. Wie auch enge Familienangehörige an ähnlichen Erkrankungen gelitten haben und daran schlussendlich nach langen Jahren des Leids verstorben sind. 

 

Mir wird immer bewusster, in welchem ungeheuren Ausmaß meine Erkrankungen Einfluss auf all meine privaten und beruflichen Entscheidungen genommen haben. Wie sie mir den Weg zur Mutterschaft verstellt und aufgrund meiner Erschöpfung immer nur ein HerzBusiness auf Sparflamme ermöglicht haben. Wie sie meine Schöpferkraft gebremst und mein Licht zeitweise nur sehr zart haben leuchten lassen.

 

Klar, ich habe immer das Beste draus gemacht. Doch jetzt, da ich das erste Mal seit meiner Kindheit spüre, wieviel Kraft wirklich in meinem Körper steckt, wird mir bewusst, was mir all die vergangenen Jahrzehnte an Lebensqualität entgangen ist. Wieviel Kraft das Ringen um meine wackelige Balance gekostet hat. Wieviel Kraft die Begleitung kranker Angehöriger gekostet hat.

 

Und das schmerzt. Es schmerzt so sehr. Es macht mich traurig. Es macht mich aber auch ungeheuer wütend und fassungslos. Sind doch all die Dinge, die maßgeblich ursächlich für meine Erkrankungen waren, weiterhin in der Welt. Potenzieren sich täglich aus Unwissenheit und Profitgier.

 

Selbstverständlich spüre ich, wie wichtig diese Gefühle jetzt sind. Sie sind Teil meines Heilungsprozesses. Sie gehören zu meinem Erkenntnisprozess, zu meiner inneren Neuausrichtung. Und doch sind sie in ihrer Intensität kaum auszuhalten. 

 

Tränen helfen, lösen den Stau in mir, schaffen Erleichterung und Entspannung. Doch fließen sie nicht immer.

 

 

Glaube nicht alles, was du denkst (frei nach Heinz Erhardt)

 

Ich habe mich eingeigelt wie ein Einsiedlerkrebs, weil im Außen so viele Trigger auf mich warten. Nachrichten über den Einsatz von noch mehr Pestiziden, Fungiziden, Herbiziden und vielen anderen Giften, die wesentliche Ursache meiner Erkrankung waren. Ärztlicher Rat für erkrankte Menschen aus meinem Umfeld, der meiner leidvollen Erfahrung nach absolut kontraproduktiv ist. Ich fühle mich oft ohnmächtig.

 

Ich besinne mich auf das, was ich tun kann: meinem Umfeld von meinen Erfahrungen und Heilungserfolgen zu berichten, Petitionen zu unterzeichnen und meinen Konsum bewusst zu gestalten.

 

Oft kommt mir das ein wenig kläglich vor. Obwohl ich weiß, dass steter Tropfen den Stein höhlt und jedeR von uns einen Unterschied macht. Dennoch: Derzeit bleibt ein Gefühl von Ohnmacht. Von Fassungslosigkeit, dass sich entgegen der Erkenntnisse so vieler Menschen, an den Rahmenbedingungen nur wenig zum wahrhaftig Guten zu verändern scheint.

 

Aber stimmt das?

Kann ich mir ganz sicher sein, dass dieser Gedanke wahr ist?

Vielleicht tut sich doch viel mehr als ich glaube?

 

Mich von diesem Gedanken, dass sich nichts zum Besseren wendet, zu distanzieren, zu lösen, ist bereits sehr hilfreich.

 

Gedankenhygiene ist ein so wertvoller Schritt auf meinem Weg zu mehr innerer Balance. Doch heilt er meinen Schmerz nicht wirklich.

 

Sehr dienlich sind mir in diesem Zusammenhang auch die 4 spirituellen indianischen Gesetze. 

 

 

Warum wir im Außen nur selten die heilende Aufmerksamkeit finden, die wir ersehnen

 

Vielleicht kennst du es auch: Unser Umfeld reagiert auf unsere emotionalen Schieflagen oft gemischt, verunsichert oder um gute Unterstützung bemüht:

 

Manche haben immer einen guten Rat zur Hand:

"Du musst das so sehen." - Nein, muss ich nicht und kann ich gerade auch nicht!

"Jede Krise ist eine Chance. Mach doch das Beste draus!" - Jaha, weiß ich. Will ich aber gerade nicht. Ich möchte, dass jemand meinen Schmerz versteht und mir Mitgefühl schenkt!

 

Andere reagieren mit Unverständnis:

"Ja, aber jetzt geht es dir doch wieder gut. Dafür kannst du doch dankbar sein." - Nein kann ich gerade nicht, weil der Schmerz über das Ausmaß des Geschehenen zu groß ist!

 

Wieder andere ergreifen die Flucht, tauchen unter, sind nicht erreichbar.

 

Nur ganz wenige haben in diesen besonderen Zeiten die Kraft und Weitsicht, dir einfach nur zuzuhören. Dich sein zu lassen wie du bist. Wertungsfrei zu lauschen, was dich beschäftigt. Dir das zu schenken, was du dir so sehr ersehnst.

 

 

Wie wir uns selbst die beste FreundIn sind

 

Aber wir können uns diese liebevolle und mitfühlende Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht nicht sofort in vollem Ausmaß. Aber doch nach einer gewissen Zeit und in kleinen machbaren Schritten.  Mir selbst die beste Freundin oder eine liebevolle Mutter zu sein, ist ungeheuer wertvoll. 

 

Wenn ich gerade Kraft und Ruhe habe, dann befrage ich mich zu meiner aktuellen schmerzlichen Situation:

 

Was wünsche ich mir jetzt?

   Dass mich jemand in den Arm nimmt und mir wertungsfrei zuhört, meine Wut und Trauer, meinen Schmerz versteht.

Also kuschle ich mich ins Bett, umarme mich selbst und lausche meiner Wut, Trauer und meinem Schmerz.

 

Was wünsche ich mir nun?

   Dass dieser Schmerz über meine gefühlte Ohnmacht, diese Wut nachlässt und ich wieder befreiter leben kann.

Also frage ich meinen Schmerz und meine Wut, was sie brauchen, um nachlassen zu können.

   Sie sagen: Spüre uns und nimm uns ernst. Lass uns dein Motivator dafür sein, dass du deinem Heilungsweg treu bleibst und etwas dafür tust, dass andere ebenfalls ihren Heilungsweg gehen können. Lass uns dir Kraft schenken, damit du auch noch so kleine Handlungen oder Unterlassungen als wertvollen Beitrag siehst. 

Das verspreche ich. Es kehrt etwas Ruhe ein.

 

Da ist noch etwas: meine Trauer.

Was ist mit dir, Trauer? Warum bist du so dominant?

   Ich trauere um das leidvolle Leben meines Vaters (er ist im März 2021 verstorben). Um die durch Krankheit gestörte und getrübte Beziehung zu ihm. Um die Lebendigkeit, die wir nicht miteinander erleben konnten. Darüber, wie sehr ihn die Krankheit, die Gifte, die Medikamente verändert haben. Dass wir keine andere Lösung zur Heilung seiner Erkrankung miteinander finden konnten. Dass ich nicht genug Kraft für wahrhaftiges Mitgefühl mit ihm hatte. Dass ich so an der Verpflichtung, für ihn und meine Mutter da sein zu "müssen", gelitten habe.

Wann wirst du gehen?

   Wenn alle Tränen geweint sind und es an der Zeit ist.

Kann ich etwas dafür tun, außer zu weinen?

   Lass mich so lange in deinem Leben sein, wie ich brauche, wie du brauchst.

OK, ich übe mich in Akzeptanz und Geduld. Mir kommen die vier Phasen des Trauerns in den Sinn. Ich werde ruhiger und geduldiger mit mir, denn ich erkenne mich in Phase zwei, drei und vier wieder. Vielleicht kennst du sie auch? 

 

 

Die 4 Phasen des Trauerns

 

Die Phasen des Trauerns habe ich in vielfältiger Weise kennengelernt, nicht nur nach dem Tod eines lieben Menschen. Auch nach Trennungen oder Enttäuschungen. Oder eben nach gewonnenen Erkenntnissen (wie z.B. der, hochsensibel zu sein oder eben der, einen absolut einfachen Heilungsweg zu finden, über den alle kontaktierten Fachkreise nichts wussten), die das Leben auf den Kopf stellen, mich mein Leben rückwärts neu verstehen lassen.

 

Phase 1: Nicht-Wahrhaben-Wollen

 

Phase 2: Aufbrechende Emotionen

 

Phase 3: Sich mit dem Vergangenen beschäftigen und Sich-Trennen

 

Phase 4: Neuer Selbst- und Weltbezug

 

 

Trost in den Erfahrungen anderer finden

 

Ich habe oft Trost darin gefunden, vom Schmerz anderer Menschen zu erfahren und mich in ihnen wieder zu erkennen. Habe eine Art Erlaubnis dafür gespürt, meinen eigenen Schmerz ernst nehmen und ihn spüren zu dürfen. Eine Zeit lang an ihm leiden zu dürfen, ohne gleich vorbildlich konstruktiv sein zu müssen. 

 

Und so hoffe ich, dass dir mein Bericht über eine schmerzvolle Phase meines Lebens ebenfalls die Erlaubnis schenkt, dir Raum für deinen Seelenschmerz zu nehmen, ihn wahrzunehmen, zu spüren, zu ergründen, ein kleines oder großes Stück deines Weges mit ihm zu gehen. Seinen Rat zu entschlüsseln, seine Schätze zu heben, mit ihm zu leben.

 

Denn: Das Leben ist eben nicht immer eitel Sonnenschein und doch wunderschön!

 

Alles Liebe, lass dein Licht leuchten,

deine Inga

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